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Neuigkeiten 2022_02 Luftverschmutzung und Demenz-Risiko

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12 modifizierbare Risikofaktoren für Demenz

Bereits 2017 legte die Lancet Commission 9 Faktoren fest, die zu neuronalen Schäden oder reduzierter kognitiver Reserve führen und mit einem erhöhten Risiko für Demenz einhergehen:1

  • Hypertonie
  • Übergewicht
  • Diabetes mellitus
  • Rauchen
  • Schwerhörigkeit
  • Niedriger Bildungsstand
  • Mangel an sozialen Kontakten
  • Körperliche Inaktivität
  • Depression

In 2020 erweiterten Livingston et al. die Liste um 3 Risikofaktoren: Luftverschmutzung, exzessiver Alkoholkonsum und Schädel-Hirn-Trauma. Zudem stellten sie fest, dass sich 40 % der Demenzfälle weltweit auf diese 12 modifizierbaren Faktoren zurückführen lassen.1 Welche Evidenz besteht nun für die Assoziation zwischen Luftverschmutzung und Demenzrisiko?

Schadstoffe & Feinstaub führen zu Veränderungen neuronaler Biomarker

Luftverschmutzung ist ein wichtiger Risikofaktor, weil durch Verbrennungsmotoren im Straßenverkehr oder Holzverbrennung u. a. folgende Schadstoffe freigesetzt werden: Kohlenstoffmonoxid (CO), Stickstoffdioxid (NO2) und Stickstoffoxide (NOx) sowie auch Feinstaub (particulate matter, PM mit einem aerodynamischen Durchmesser < 10 µm).2

In einer tierexperimentellen Studie führte die Inhalation von Feinstaub (992 μg PM/m3) zu erhöhten Spiegeln an Beta-Amyloid (Aβ) 42 und Tau-Protein im Frontallappen, gemessen mittels Immunassay.3 Neuere Studien evaluierten hingegen den Effekt der Luftverschmutzung auf das Gehirnvolumen mittels MRT-Aufnahmen bei älteren Menschen. Dabei zeigten sich signifikante, negative Assoziationen zwischen:

  • PM2,5-10 und dem Volumen im linken Thalamus4
  • PM2,5, und dem Gesamtvolumen der weißen Substanz5
  • PM2,5, PM2,5-10, PM10, NO2 und dem Gesamtvolumen der grauen Substanz5
  • PM2,5, PM10, NOx und dem Volumen im präfrontalen Kortex6
  • PM2,5 und dem Volumen des linken Hippocampus7

Einer Longitudinalstudie von Younan et al. zufolge entsprach die Assoziation zwischen PM2,5 und der Atrophie der grauen Substanz in Gehirnregionen, die anfällig für die Alzheimer-Krankheit (AD) sind, einem Anstieg des AD-Risikos von 24 % (Hazard Ratio (HR) 1,24; 95 %-Konfidenzintervall (KI) 1,14-1,34) über 5 Jahre.8

 

Erhöhtes Demenzrisiko – durch CO, NO2/NOx und PM2,5

Ein systematisches Review von 13 Longitudinalstudien (Follow-up zwischen 1-15 Jahren) kam zu folgendem Ergebnis: Menschen, die Luftverschmutzung in Form von CO, NO2/NOx und PM2,5 stärker ausgesetzt waren, wiesen ein erhöhtes Demenzrisiko auf.9

 

Chang et al., 2014: In einer Kohortenstudie aus Taiwan waren höhere CO-Konzentrationen, gemessen in der Wohnumgebung der Teilnehmenden, im Vergleich zu geringen Konzentrationen mit einem erhöhten Demenzrisiko assoziiert (adjustierte HR 1,61; 95 %-KI 1,39–1,85).10

 

Chen et al., 2017: In einer Kohortenstudie aus Kanada wurden die Konzentrationen an PM2,5 und NO2 in der jeweiligen Wohnregion berechnet. Diese zeigten eine positive Assoziation mit der Inzidenz von Demenz (PM2,5: HR 1,04; 95 %-KI 1,03-1,05 und NO2: HR 1,10; 95 %-KI 1,08-1,12).11

 

Oudin et al., 2018: In einer Kohortenstudie aus Schweden hatten Menschen, die mit einem Holzofen heizten und in der Region mit dem höchsten Anteil an PM2,5 in der Luft lebten, ein erhöhtes Demenzrisiko (HR 1,74; 95 %-KI 1,10–2,75).12

Ergänzung Dt. Ärzteblatt 13.1.2022:  Luftverschmutzung erhöht Anfälligkeit für COVID-19

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