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Betriebliche Gesundheitsförderung BGF

Einbindung gesundheitsfördernder Maßnahmen

- unter besonderer Beachtung gesundheitlicher Aspekte des Herz-Kreislauf-Systems –

in das betriebliche Gesundheitsmanagement BGM

(Betriebliche Gesundheitsförderung BGF)

In einer Phase des Lebens, die geprägt ist von ausgereifter Körperlichkeit und optimaler Leistungsfähigkeit, verbringt der Mensch einen großen Teil in bzw. auf der Arbeit.

Da in dieser Lebensphase wesentliche Weichen gestellt werden für die Gesamtgesundheit, die Anzahl, Häufigkeit und Schwere zukünftiger Erkrankungen und die (Über-) Lebensdauer, ist der Einfluß gesundheitsfördernder Maßnahmen auf der Arbeit durch Vorbild, Information, Motivation und praktische Anwendung so wirksam wie in kaum einer anderen Lebensphase,

abgesehen von den noch wichtigeren Aspekten der Prägung in der Kindheit.

Da in unserer Gesellschaft der größte Anteil aller lebensverkürzender und lebensbeendender Erkrankungen zu den Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems gehört (Herzinfarkt und Hirnschlag), ist der Einfluß gerade auf Herz-Kreislauf-gefährdende Aspekte des Lebens von größter individueller wie gesamtgesellschaftlicher Bedeutung.

Da das größte Gut eines Staates die Gesamtgesundheit seiner Bevölkerung ist, wurde schon vor langer Zeit die Verpflichtung der Arbeitgeber*, die (physische wie psychische) Gesundheit seiner Arbeitnehmer* zu schützen, im Arbeitsschutzgesetz (https://www.gesetze-im-internet.de/arbschg/) verankert.

Hier ist der Aspekt der Prävention, das Verhindern von Gefährdungen durch vorsorgliche Analyse der Arbeitssituation, durch Verhindern bzw. Minimierung von Gefahren durch technische, organisatorische und persönlich-individuelle Maßnahmen

vorrangig vor heilungsfördernden und in die Arbeit wieder eingliedernden Maßnahmen (Betriebliches Eingliederungs-Management BEM).

Dieser Teil der Arbeitgeber*-Für- und Vorsorge ist extrem detailliert gesetzlich geregelt.

Darüber hinaus gehende Maßnahmen mit Einflußnahme auf die Gesamt- bzw. insbesondere Herz-Kreislauf-Gesundheit (betriebliche Gesundheits-Förderung BGF) sind einerseits staatlich gewünscht und werden gefördert, andererseits jedoch nicht gesetzlich vorgeschrieben.

 

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)

in Anlehnung an Giesert, 2012

Namen der drei Säulen

Arbeits- und Gesundheitsschutz (AUG)

Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)

Betriebliche Gesundheitsförderung (BGF)

Ziele der Maßnahmen

Arbeitsgestaltung und Gefahrenprävention zur Verhütung von Unfällen bei der Arbeit und arbeitsbedingten Gesundheitsgefahren

Individuelles Verfahren zur Rückkehr an den Arbeitsplatz nach Langzeiterkrankung oder wiederholten längeren Fehlzeiten

Förderung und Erhalt von Gesundheit im Betrieb: Gesundheitsressourcen aufbauen und Belastungen abbauen

Für wen verpflichtend oder freiwillig

Gesetzlich verpflichtend für Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen

Gesetzlich verpflichtend für Arbeitgeber (BEM-Angebot), freiwillig für Beschäftigte (d.h. Beschäftigte können das Angebot annehmen oder ablehnen)

Freiwillig für Arbeitgeber und Arbeitnehmer*innen, aber für gesetzliche Krankenkassen verpflichtend

Gesetzliche Grundlage

ArbSchG §§ 3, 4, 6, 7

§ 167 Abs. 2 SGB IX

§ 20 Abs. 2 SGB V

Weitere: siehe  https://www.dnbgf.de/betriebliche-gesundheitsfoerderung/rechtsgrundlagen-bgf


Siehe auch: Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM): Arbeitsmedizinische Empfehlung - Ausschuss Arbeitsmedizin

https://www.bmas.de/SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/a462-arbeitsmedizinische-empfehlung-betriebliches-gesundheitsmanagement.pdf;jsessionid=79CA45CF271945BB376E54633D7529EB.delivery2-master?__blob=publicationFile&v=3


Betriebliche Gesundheitsförderung

die betriebliche Gesundheitsförderung ist nicht gesetzlich vorgeschrieben und daher eine freiwillige Arbeitgeberleistung. Das European Network for Workplace Health Promotion versteht unter betrieblicher Gesundheitsförderung „alle gemeinsamen Maßnahmen von Arbeitgebern, Arbeitnehmern und Gesellschaft zur Verbesserung von Gesundheit und Wohlbefinden am Arbeitsplatz“. Die betriebliche Gesundheitsförderung umfasst alle systemischen Interventionen in privaten und öffentlichen Betrieben, durch die gesundheitsrelevante Belastungen gesenkt und Ressourcen vermehrt werden sollen. So können gesundheitsförderliche Effekte durch aufeinander bezogene Veränderungen der Ergonomie, der Organisation, des Sozialklimas und des individuellen Verhaltens erzielt werden (vgl. Hartung et al., 2022). 

> Deutsches Netzwerk für Betriebliche Gesundheitsförderung DNBGF https://www.dnbgf.de/home

Die Rolle der Krankenkassen

Die Betriebliche Gesundheitsförderung ist im Präventionsgesetz als Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) seit 2015 festgelegt (https://www.bundesgesundheitsministerium.de/service/gesetze-und-verordnungen/detail/praevg.html ). Es stärkt die Betriebliche Gesundheitsförderung als Aufgabe der GKV. Dabei fördern insbesondere die Krankenkassen die Ermittlung betriebs- oder branchenspezifischer Bedarfe der Mitarbeiter, um so passgenaue Angebote wie Seminare, Workshops oder Kurse für die Verbesserung der Beschäftigtengesundheit machen zu können. Die Richtlinien zur Umsetzung sind im GKV-Leitfaden Prävention beschrieben.

> GKV-Leitfaden Prävention

(https://www.gkv-spitzenverband.de/krankenversicherung/praevention_selbsthilfe_beratung/praevention_und_bgf/leitfaden_praevention/leitfaden_praevention.jsp)

Der GKV-Spitzenverband hat aufgrund der Vorgaben des neuen Präventionsgesetzes auch den Leitfaden Prävention der GKV aktualisiert und im Jahr 2019 publiziert. Darin legt der GKV-Spitzenverband die inhaltlichen Handlungsfelder und qualitativen Kriterien für die Leistungen der Krankenkassen in der Primärprävention und der Betrieblichen Gesundheitsförderung fest. Die Krankenkassen dürfen nur Maßnahmen fördern, die dem Leitfaden entsprechen. 

Zentrales Anliegen ist es, ein qualitätsgesichertes Angebot zu gewährleisten: Maßnahmen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung müssen immer exakt auf die Bedürfnisse im Unternehmen zugeschnitten sein. Welche Maßnahmen empfehlenswert oder notwendig sind, wird vorher mithilfe detaillierter Analysen ermittelt. 

Bei der Planung und Umsetzung der Maßnahmen gilt: Erfolgreiche BGF umfasst gleichzeitig gesundheitsgerechtes Verhalten und gesunde Arbeitsbedingungen. Anders gesagt: Verhaltens- und Verhältnisprävention. Aufgabe der Krankenkassen ist es, sowohl einen gesundheitsförderlichen Arbeits- und Lebensstil zu fördern, als auch eine gesundheitsförderliche Arbeitsgestaltung zu unterstützen. Ebenso soll eine überbetriebliche Vernetzung und Beratung etabliert werden.

Neufassung 2022 mit Ergänzungen zum Klimaschutz

Der Leitfaden wird kontinuierlich verbessert. Im jüngsten Update, der Neufassung von Ende 2022, sind Aspekte des Umweltschutzes und des Klimawandels ergänzt. Begründet wird dies mit dem Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen, die maßgeblich zur menschlichen Gesundheit beitragen. Entsprechend sollen GKV-Leistungen der Gesundheitsförderung und Prävention mittelbar auch dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen zugutekommen.

Insbesondere wurden folgende Punkte erweitert:

Gesunde Ernährung und Bewegung: Bei den Kriterien für Leistungen zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention wird auf die positiven Gesundheits- und Umwelt- beziehungsweise Klimaeffekte gesunder Ernährung und körperlicher Aktivität eingegangen (sogenannte Co-Benefits).

Klimafreundliche Gemeinschaftsverpflegung und Mobilität: Anregungen für eine Mitwirkung von Krankenkassen an der zugleich gesundheitsförderlichen und klimafreundlichen Ausrichtung der Gemeinschaftsverpflegung und Mobilität ergänzen die betriebliche und lebensweltbezogene Gesundheitsförderung und Prävention.

Gesundheitsrisiko Klimawandel für Kommunen: Ein Kapitel zur Prävention klimawandelbedingter Gesundheitsrisiken in Kommunen ist neu. Krankenkassen erhalten damit erweiterte Handlungsmöglichkeiten zur Unterstützung insbesondere der kommunal Verantwortlichen zu gesundheitlich relevanten Aspekten des Klimaschutzes und der Klimaanpassung. 

Regionale BGF-Koordinierungsstellen    https://www.bgf-koordinierungsstelle.de/   

Die regionalen BGF-Koordinierungsstellen sind ein gemeinsames Angebot der gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Übergeordnetes Ziel ist es, interessierten Unternehmen einen einfachen Zugang zu BGF-Ansprechpartnern zu ermöglichen.

 


BGF und BGM in der Praxis umsetzen

(https://www.aok.de/fk/betriebliche-gesundheit/grundlagen/betriebliche-gesundheitsfoerderung/bgf-und-bgm-in-der-praxis-umsetzen/)

Hat sich ein Unternehmen entschieden, Maßnahmen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung im eigenen Betrieb umzusetzen, bietet die AOK handfeste Unterstützung bei der Umsetzung an. Die Gesundheitskasse begleitet Unternehmen Schritt für Schritt bei diesem Prozess.

Steuerliche Förderung von BGF-Maßnahmen

(https://www.aok.de/fk/betriebliche-gesundheit/grundlagen/betriebliche-gesundheitsfoerderung/steuerliche-foerderung-von-bgf-massnahmen/)

Um Arbeitgeber zu motivieren, mehr für die Gesundheit ihrer Mitarbeiter zu tun, hat der Gesetzgeber steuerliche Freibeträge nach § 3 Nr. 34 Einkommenssteuergesetz (EStG) vorgesehen. Der steuerfreie Höchstbetrag beträgt seit 1. Januar 2020 600 Euro pro Mitarbeiter im Jahr. Dazu hat das Bundesfinanzministerium am 20. April 2021 eine Umsetzungshilfe zur steuerlichen Anerkennung von Arbeitgeberleistungen zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention und betrieblichen Gesundheitsförderung veröffentlicht. Auch das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) stellt zu allen steuerlichen Vorteilen die relevanten Rechtsgrundlagen auf einer Internetseite vor.

Das bedeutet konkret: Arbeitgeber können pro Beschäftigten und Jahr bis zu 600 Euro für Maßnahmen zur sogenannten verhaltensbezogenen Prävention (zum Beispiel Rückenschule, Yogakurs, Rauchentwöhnung) und zur Betrieblichen Gesundheit ausgeben, ohne dass die Beschäftigten diese Zuwendungen als geldwerten Vorteil versteuern müssen. Auch zur Sozialversicherung sind die Ausgaben beitragsfrei. Die Leistungen des Arbeitgebers müssen allerdings zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden. Der Betrag von 600 Euro ist ein Freibetrag, keine Freigrenze. Überschreitet die Leistung des Arbeitgebers also den Betrag von 600 Euro, so ist lediglich der übersteigende Betrag steuer- und sozialversicherungspflichtig.

Verhaltensbezogene Präventionsmaßnahmen: Zertifizierung notwendig

Grundsätzlich gilt die Steuerfreiheit nur für zertifizierte Leistungen zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention.

Zertifizierung bedeutet: Anbieter von Präventionskursen und -maßnahmen lassen ihre Leistungen im Rahmen einer Kooperationsgemeinschaft über die „Zentrale Prüfstelle Prävention" des Dienstleistungsunternehmens „Team Gesundheit GmbH“ prüfen und zertifizieren. Rund 260.000 Präventionskurse wurden seit 2018 so geprüft. Ein aktuelles Zertifikat ist Voraussetzung dafür, dass die Krankenkassen einen Zuschuss zu den Teilnahmegebühren an die Versicherten zahlt. Ein Kurs erhält eine Zertifizierungsnummer, die auf der Teilnahmebescheinigung aufgedruckt wird. Eine Übersicht der Kurse ist auf den Internetseiten der Krankenkasse oder in der Übersicht des GKV-Spitzenverbands zu finden.

Für eine steuerfreie Bezuschussung durch den Arbeitgeber ist es wichtig, dass die Teilnahmebescheinigung zu den Lohnunterlagen genommen wird. Die Bezuschussung ist lediglich steuerfrei für den vom Arbeitnehmer zu tragenden Teil, also nach Abzug des von der Krankenkasse auch bereits geleisteten Anteils.

Zertifizierte Präventionskurse auf Veranlassung des Arbeitgebers

Auch für Leistungen, die der Arbeitgeber selbst zur individuellen verhaltensbezogenen Prävention anbietet, kommt die Steuerbefreiung in Betracht, sofern der Kurs eine entsprechende Zertifizierung hat. Auch hier ist wichtig, dass die Teilnahmebescheinigung mit dem Zertifizierungsvermerk zu den Lohn- und Gehaltsunterlagen genommen wird.

Nicht zertifizierte Präventionskurse des Arbeitgebers

Für im Auftrag des Arbeitgebers im Rahmen der Betrieblichen Gesundheitsförderung erbrachte Präventionskurse besteht mangels Beteiligung der gesetzlichen Krankenkassen keine Zertifizierungsmöglichkeit. Trotzdem sind auch solche Kurse von der Steuerfreiheit erfasst, wenn  

die Leistungen Bestandteil eines betrieblichen Gesundheitsförderungsprozesses sind und entsprechend von den Krankenkassen bezuschusst werden

oder

die alleine vom Arbeitgeber für seine Beschäftigten beauftragten nicht zertifizierten Präventionskurse hinsichtlich Qualität, Zweckbindung und Zielgerichtetheit den Anforderungen für eine Zertifizierung entsprechen. Das ist immer der Fall, wenn ein Konzept eines bereits zertifizierten Kurses Verwendung Anwendung findet. 

Der Nachweis zum genutzten Kurskonzept ist zu den Lohnunterlagen zu nehmen.

Zuschuss bei Arbeitgeberwechsel und Mehrfachbeschäftigung

Der Arbeitnehmer kann bei einem Arbeitgeberwechsel den Freibetrag von 600 Euro zweifach pro Jahr in Anspruch nehmen. Auch bei Mehrfachbeschäftigten steht der Freibetrag dem Arbeitnehmer je Arbeitgeber in voller Höhe zu.

Förderung durch die AOK

Unternehmen, die ihre Beschäftigten mit Maßnahmen zur Betrieblichen Gesundheitsförderung unterstützen möchten, wenden sich am besten in einem ersten Schritt an die AOK. Die Unterstützung der AOK zur Betrieblichen Gesundheitsförderung kann in persönlicher, sachlicher oder finanzieller Form erfolgen. Wichtig für Betriebe: Eine nachträgliche Finanzierung oder Förderung von Maßnahmen durch die AOK ist nicht möglich (keine Abtretungserklärungen). Betriebe sollten die Förderung daher stets vor dem Beginn einer Maßnahme beantragen.


Die Rolle der Betriebsärzte*

Die Krankenkassen oder ihre Verbände können in Ergänzung zur vertragsärztlichen Versorgung und unter Berücksichtigung der Richtlinien nach § 25 Absatz 4 Satz 2 mit geeigneten Fachärzten für Arbeitsmedizin oder den über die Zusatzbezeichnung „Betriebsmedizin“ verfügenden Ärzten oder deren Gemeinschaften Verträge über die Durchführung von Gesundheitsuntersuchungen nach § 25 Absatz 1, über Maßnahmen zur betrieblichen Gesundheitsförderung, über Präventionsempfehlungen, Empfehlungen medizinischer Vorsorgeleistungen und über die Heilmittelversorgung schließen, soweit diese in Ergänzung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge erbracht werden.

Sozialgesetzbuch (SGB) Fünftes Buch (V) - Gesetzliche Krankenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477) § 132f Versorgung durch Betriebsärzte https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_5/__132f.html