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Schwächung der Immunabwehr durch Stress - Neuigkeiten 2020_04

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aus aktuellen Anlaß -

 

Wir wissen inzwischen, daß in der aktuellen Corona-Virus-Pandemie insbesondere die Menschen gefährdet sind, schwere Verläufe der Infektion zu erleiden, die an hohem Blutdruck* , Diabetes mellitus* , Krebs und Herz-Kreislaufkrankheiten leiden.

https://www.thelancet.com/journals/lanres/article/PIIS2213-2600(20)30116-8/fulltext   -   https://www.thelancet.com/journals/lanonc/article/PIIS1470-2045(20)30096-6/fulltext

Solche Erkrankungen sind u.a. Reaktionen auf bzw. Folge chronischer Streßeinwirkung.

Alle Formen von Streß (physikalisch – z.B. Lärm, chemisch – z.B. Zigarettenrauch, psychisch - z.B.  durch Deprivation / Aggression) sind in der Lage, solche Reaktionen auszulösen.

 

Daß emotionaler Streß, insbesondere auch durch Verringerung bzw. Unterbindung von Sozialkontakten einerseits, durch Intensivierung von Sozialkontakten im häuslichen Bereich andererseits über eine Schwächung des Immunsystems zu einer weiteren, zusätzlichen Gefährdung führt, sollten wir bei der Abwägung von Vor- und Nachteilen angedachter und veranlaßter Maßnahmen im Rahmen der aktuellen Pandemie durch das neue Corona-Virus 19 nicht aus den Augen verlieren.


 

Hier zu ein Artikel vom 24. November 2015

Wie Einsamkeit die Immunabwehr schwächt

Das Gefühl der sozialen Isolation verändert die Genaktivität in Abwehrzellen

 

Tiefgreifende Folgen: Einsamkeit schlägt nicht nur auf die Stimmung, sie hemmt auch unsere Immunabwehr. Forscher haben herausgefunden, dass sich bei einsamen Menschen die Genaktivität in bestimmten Abwehrzellen deutlich verändert. Es werden Gene aktiver, die Entzündungen fördern und die die Abwehr gegenüber Viren schwächen. Das wiederum erklärt, warum einsame Menschen häufiger krank werden und früher sterben, berichten die Forscher im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“.

Wer sich einsam fühlt, dem geht es selten gut. Die soziale Isolation drückt nicht nur auf die Stimmung, einsame Menschen schlafen schlechter, stehen unter Stress und werden eher krank. Möglicherweise trägt die Einsamkeit sogar dazu bei, dass wir körperlich schneller altern, wie kürzlich eine Studie an Papageien nahelegte. Die molekularen Gründe dafür, dass einsame Menschen häufiger unter chronischen Krankheiten leiden und früher sterben, waren bisher jedoch kaum untersucht.

Einsamkeit verändert weiße Blutkörperchen

Was die Einsamkeit in unserem Zellstoffwechsel und mit unseren Genen anrichtet, haben nun Steven Cole von der University of California in Los Angeles und seine Kollegen genauer untersucht. Sie verglichen dafür die Genaktivität in den Abwehrzellen von 141 menschlichen Probanden mit unterschiedlich stark ausgeprägter Einsamkeit. In einem weiteren Test führten sie vergleichende Genanalysen bei 27 Rhesusaffen durch, von denen einige in Isolation gehalten worden waren.

Das Ergebnis: Einsamkeit führt sowohl beim Menschen als auch bei Rhesusaffen zu Veränderungen im Immunsystem – und diese lassen sich bis auf die Eben der Genaktivität zurückverfolgen. Wie die Forscher feststellten, werden bei sozialer Isolation in den weißen Blutkörperchen Gene aktiv, die einerseits Entzündungen fördern, andererseits aber die Abwehr von Viren schwächen. Gleichzeitig nimmt eine Gruppe von unreifen Abwehrzellen stark zu, in denen diese Gene besonders stark aktiviert sind.

 

Mehr Entzündungen, sensibler gegenüber Viren

„Zusammen sprechen diese Ergebnisse dafür, dass das chronische Gefühl der sozialen Isolation beim einsamen Personen zur Häufung von entzündungsaffinen und in ihrer Virenabwehr beeinträchtigten Leukozyten führt“, berichten Cole und seine Kollegen. Interessanterweise lassen sich diese Veränderungen sogar noch ein Jahr nach einer einsamen Phase nachweisen – sie sind also relativ langanhaltend.

Das aber bleibt nicht ohne Folgen: Durch diese Veränderungen im Zellstoffwechsel und Immunsystem steigt die Anfälligkeit für chronische Entzündungen – und dazu gehören beispielsweise auch Gefäßerkrankungen, die Bluthochdruck und andere Herz-Kreislauf-Erkrankungen verursachen können. In den Versuchen mit Rhesusaffen zeigte sich zudem, dass sich die Affenvariante des HI-Virus in einsamen Tieren schneller vermehrte als in Affen ohne diese Veränderungen in der Genexpression.

Die Ergebnisse könnten sogar erklären, warum selbst die körpereigenen oder als Arznei verabreichten Glucocorticoide bei einsamen Menschen schlechter gegen Entzündungen wirken: Wie die Forscher feststellten, führt die veränderte Genaktivität bei diesen Menschen auch dazu, dass einige Zellen unempfindlicher auf diese entzündungshemmenden Wirkstoffe reagieren.

 (Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS), 2015; doi: 10.1073/pnas.1514249112)

 Quelle: https://www.scinexx.de/news/medizin/wie-einsamkeit-die-immunabwehr-schwaecht/

 " Beim Menschen bedeutet Deprivation stets das Vorenthalten bestimmter erwünschter psychischer Bedingungen, wie etwa die Anwesenheit anderer Menschen..."

Stangl, W. (2020). Stichwort: 'Deprivation'. Online Lexikon für Psychologie und Pädagogik. WWW: https://lexikon.stangl.eu/88/deprivation/ (2020-03-21)

 

Wirkung von chronisch-psychosozialem Stress CSC auf myeloide Suppressorzellen MDSC und auf Tumorwachstum

> "In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, welche Auswirkungen chronisch-psychosozialer Stress auf das Immunsystem besitzt. CSC induziert unreife, myeloide Zellen, die regulatorisch das Immunsystem beeinflussen und in der Literatur als myeloide Suppressorzellen (myeloid-derived supressor cells; MDSC) bekannt sind. Lymphozyten, B- und T-Zellen, waren nach CSC in sekundär lymphatischen Organen reduziert, wohingegen MDSC prozentual anstiegen. Ferner stieg das suppressive Verhalten monozytischer MDSC aus dem Knochenmark nach CSC um ein Vielfaches an. In einer Reihe von Versuchen wurde untersucht, wie MDSC im zeitlichen Verlauf von CSC in Knochenmark und Milz akkumulierten.
Ein Teil dieser Arbeit beschäftigte sich mit den molekularen Mechanismen, die solch eine Akkumulation von MDSC begünstigten. Dazu wurde sowohl die Rolle von inflammatorischen Zytokinen, wie dem Tumornekrosefaktor (tumor necrosis factor; TNF) oder Interleukin 6 (IL-6), als auch die Rolle der beiden Haupt-Stresshormone Adrenalin und Corticosteron näher untersucht. Es wurde deutlich, dass die Aktivierung des TNF-Rezeptors Typ 2 (TNFR2) durch TNF für die Akkumulation von MDSC wesentlich ist. Hinsichtlich der beiden Haupt-Stresshormone zeigte sich, dass Adrenalin nur teilweise an der Akkumulation von MDSC beteiligt ist, während Glucocorticoide eine bedeutende Rolle für diesen Stress-vermittelten Effekt zu spielen scheinen. Behandlung naiver Tiere mit einem synthetischen Glucocorticoid erzeugte die gleichen Effekte, wie sie nach chronischem Stress festgestellt wurden.
MDSC wurden ursprünglich in Patienten gefunden, die an einer Krebs Erkrankung leiden, und es besteht eine direkte Korrelation bezüglich der Anzahl an MDSC und der Tumor-Größe. Aufgrund der Tatsache, dass nach chronischem Stress ein vermehrtes Auftreten von MDSC nachgewiesen wurde, stellte sich die Frage, ob chronischer Stress Tumor-Wachstum begünstigt. In dieser Arbeit wird gezeigt, dass das Wachstum eines Fibrosarkoms nach CSC verstärkt war. Das gesteigerte Wachstum scheint vor allem durch eine erhöhte Angiogenese in der frühen Phase des Tumor-Wachstums vermittelt zu sein. Eine Vor-Behandlung naiver Tieren mit einem synthetischen Glucocorticoid zeigte jedoch keinen Einfluss auf das Tumorwachstum. Dies deutet darauf hin, dass neben Glucocorticoiden noch weitere Faktoren dafür verantwortlich sind, dass nach CSC das Tumorwachstum verstärkt war."

Quelle: https://epub.uni-regensburg.de/31291/

 

Die Ausbreitung des Coronavirus sorgt auch unter Ärztinnen und Ärzten sowie Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten für Verunsicherung. Aus diesem Grund stellen zahlreiche Verbände und Organisationen Informationen auf ihren Webseiten und zum Download bereit: https://www.aerzteblatt.de/archiv/213300/Informationsmoeglichkeiten

 

Daß Stress auf vielfältige Weise die hormonelle Situation verändert, ist bekannt: > Übersichtsartikel Spektrum.de 1.5.1993:

https://www.spektrum.de/magazin/stress-und-hormone/820829

 

und

 langfristige (Generationen übergreifende) Folgen

psychischer Belastungen sind möglich !

 

 

"Soziale Distanz und gestörte Genexpression

Em. Prof. Dr. P.J.A. Capel

 (Übersetzung aus dem Holländischen)
 
Jede Zelle enthält die gleiche DNA, die die genetische Information enthält und in der Größenordnung von 6,6 Milliarden Nukleotiden sequenziert ist. 4% der DNA bestehen aus Genen, die für biologische Funktionen kodieren, und die restlichen 96% kontrollieren die Regulation dieser Gene, um zu einem funktionsfähigen Menschen zu gelangen. Jede Zelle verwendet eine andere Kombination von Genen, je nach ihrer Funktion im Körper. Dieser Einsatz ist sehr dynamisch und reagiert auch direkt auf Umweltfaktoren. Das An- und Ausschalten von Genen ist ein komplexer Mechanismus, und Transkriptionsfaktoren spielen dabei eine wichtige Rolle. Diese Proteine können als DNA-Schalter betrachtet werden, und jeder Transkriptionsfaktor steuert Hunderte von verschiedenen Genen.
 
Die spezifische Genexpression wird durch das Gehirn gesteuert.
Sinneswahrnehmungen und Gedanken werden mit Emotionen etikettiert, und diese steuern über neuronale Netzwerke und Hormone die Aktivität der Transkriptionsfaktoren. Jeder kennt in diesem Zusammenhang die Reaktion auf die Gefahrenwahrnehmung, bei der Adrenalin und Cortisol in den Nebennieren produziert werden. Jede Emotion hat ihre eigene spezifische Kontrolle der Transkriptionsfaktoren.
 
Die soziale Distanz hat auch einen direkten Einfluss auf die Genregulation,
die pro Einzelzelle bestimmt werden kann. DNA-Chips werden verwendet, um festzustellen, welche Gene in einer einzelnen Zelle ein- oder ausgeschaltet sind. Es wurden Hunderte von Studien mit solchen Techniken durchgeführt, in denen die veränderte Genexpression während der sozialen Isolation und die Auswirkungen auf Gesundheit und Lebenserwartung beschrieben wurden. Ein hervorstechendes Beispiel für solche Studien ist der Unterschied in der Genexpression während der Einsamkeit, wo mehr als 200 lebenswichtige Körperfunktionen verändert sind. Ein Beispiel für eine solche Studie ist: Soziale Regulation der Genexpression in menschlichen Leukozyten. (Genombiologie, 2007, 8 , R189)
Neben der Frage, welche Gene mehr oder weniger in der Einsamkeit exprimiert wurden, wurden auch die beteiligten Transkriptionsfaktoren bestimmt.
Eine der lebenswichtigen Körperfunktionen, die sich dadurch negativ veränderte, war die Funktion des Immunsystems.
“ Die bioinformatische Analyse der unterschiedlich ausgedrückten Promotoren legt nahe, dass diese Effekte durch eine verminderte Aktivität des entzündungshemmenden Glukokortikoid-Transkriptionskontrollweges und durch eine komplementäre Erhöhung der Aktivität des proinflammatorischen NF-κB/Rel Pfad beeinflusst werden können. Diese Daten liefern den ersten Beweis dafür, dass soziale Umweltfaktoren mit globalen Veränderungen in der menschlichen Gentranskription verknüpft sind, und sie schaffen einen molekularen Kontext für das Verständnis des erhöhten Risikos von Entzündungskrankheiten, das bei Menschen beobachtet wird, die ein chronisches Gefühl subjektiver sozialer Isolation (Einsamkeit) empfinden”.
 
Abgesehen von der Tatsache, dass die soziale Distanz einen direkten Einfluss auf die Genregulation hat, gibt es noch einen weiteren sehr beunruhigenden Aspekt. Bei einem schweren Trauma ist die Genregulation nicht nur vorübergehend gestört, sondern es werden über epigenetische Mechanismen dauerhafte Blockaden induziert. Gene können durch Methylierung spezifischer Nukleotide in der DNA lebenslang blockiert werden, wodurch das betreffende Gen für Transkriptionsfaktoren unzugänglich wird. Diese epigenetische Blockade kann an die Nachkommenschaft weitergegeben werden. Die Aufhebung einer solchen Blockade dauert im Durchschnitt drei Generationen.
 
Zusätzlich zu der Tatsache, dass die vorgeschlagenen Maßnahmen für soziale Distanz schwerwiegende sozioökonomische Auswirkungen haben und enorme Kollateralschäden verursachen, müssen bei solch weitreichenden Maßnahmen auch biologische DNA-Schäden berücksichtigt werden. Berücksichtigt man zudem, dass in einer Reihe von Fällen der Schaden immer noch drei Generationen betrifft, ist die Aussage "Denke nach, bevor du anfängst" eine ernsthafte Überlegung, besonders wenn man dies im Zusammenhang mit der öffentlichen Gesundheit stellt…"
 

Los Angeles Juni 2022 – Der Verlust des Arbeitsplatzes, Ehekrisen oder eine Diskriminierung im Alltag können offenbar Spuren im Immunsystem hinterlassen. Nach einer Studie in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS 2022; DOI: 10.1073/ pnas.2202780119) beschleunigt sozialer Stress den Schwund der Abwehrkräfte im Alter: " this study provides important insights on the role of social stress in immune aging, highlighting a key role for health behaviors and social-environmental conditions as correlates of naïve T cell decline as well as a distinctive association of stressors with higher terminally differentiated CD4+ T cell percentages."

Zusammenfassung auf: https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/135119/Studie-Sozialer-Stress-beschleunigt-Alterung-des-Immunsystems

 

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